Dunkle Effizienz: Dark Warehouses als Helden der Lagerlogistik

Daniel Choc Aimtec
28. 3. 2024 | 5 Minuten Lesen

Lagerlogistik ist für produzierende Unternehmen ein herausforderndes Thema: Durch die Massen an bewegten Waren gibt es viel Optimierungspotenzial, aber auch genauso viele Fehlerquellen. Ein vollautomatisches Lager ‒ das Dark Warehouse ‒ erscheint da gerne als die Lösung aller Probleme. Was sind die Vorteile und wesentlichen Unterschiede zu traditionellen Lagern?

Angesicht der Lieferkettenprobleme der letzten Jahre sind Lager wieder en vogue. Lager bieten die notwendige Sicherheit vor Lieferengpässen. Dabei wird die Skalierung von Lagern wird immer schwieriger, weil Lagerpersonal kaum mehr zu finden ist. Für Unternehmen ist die Überlegung daher richtig, Mitarbeiter:innen dort einzusetzen, wo deren Flexibilität und Lösungskompetenz gefragt ist.  Viele Unternehmen setzen daher auf iterative Automatisierung durch autonome Fahrzeuge, intelligente Scanner und ausgefeilte KI-Systeme für die Warendisposition.

In der Regel ist in diesen Lagern aber noch „Licht“, weil darin Menschen arbeiten. Sie sind Maschinen beim Picken loser Waren, nicht standardisierte Verpackungen und der Lösung plötzlich auftretender Probleme klar überlegen. Hochgradige Automation bietet sich dagegen bei repetitiven Aufgaben an und absolute Präzision gefordert sind.

Roboter brauchen kein Licht

Das höchste Niveau der Lagerautomatisierung ist die Migration zu einem vollständig automatisierten Warenlager. Ein solches wird häufig auch als ASRS (Automated Storage and Retrieval System) bezeichnet. In den Lagerhallen selbst arbeiten keine Menschen mehr. Wenn dann sind menschliche Mitarbeiter:innen am Eingang oder Ausgang des Lagers zu finden. Für sie wäre der Aufenthalt im Lager gefährlich, weil die dort agierenden Maschinen davon ausgehen, dass ihnen nichts im Weg steht und sie mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Diese Lager bezeichnet man als Dark Warehouses, da sie im Normalbetrieb ohne Beleuchtung auskommen.

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Vorteile eines Dark Warehouse

Dark Warehouses haben etliche Vorteile:

  • Sie nutzen den Platz für den Warenumschlag optimal aus und erreichen die höchste Packungsdichte, die in einem Lager möglich ist. Dies gilt insbesondere für Hochlager. 
  • Sie senken menschliche Arbeitskosten und Eingriffe auf ein Minimum. Das Lager läuft 24 Stunden am Tag ohne Schichtwechsel oder Pausenzeiten. Menschliche Mitarbeiter:innen können sich Aufgaben mit größerer Wertschöpfung widmen.
  • Sie erhöhen die Picking-Qualität und senken die Fehlerrate, das gilt auch in Bezug auf präzise Ablage in vorgefertigte Behälter
  • Sie erhöhen die Geschwindigkeit beim Picking und dem Warentransport innerhalb des Lagers.
  • Sie senken den „Schwund“ von Waren und verbessern die Inventory-Daten-Qualität. Es muss auch weniger gezählt und kontrolliert werden, weil die Anzahl der SKUs ohne Auftrag sich nicht verändern kann. Der Warenbestand ist also immer gültig und muss nicht extra geprüft werden.
  • Sie können den CO2-Ausstoß verringern, weil die optimierten Bewegungen der Kräne und Roboterarme den Stromverbrauch senken. Außerdem gibt es die meiste Zeit keine Beleuchtung die Strom verbraucht.

Unterschiede zu traditionellen Lagern

Damit die Vorteile zur Geltung kommen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So müssen in einem Dark Warehouse die Verpackungen der Waren standardisiert sein und sich auf wenige unterschiedliche Packungsgrößen verteilen. Roboter haben nur eine begrenzte Anzahl an Greifern und können keine beliebigen Gegenstände sicher fassen. Gibt es also eine Vielzahl an verschiedenen Waren (eventuell sogar lose, also ohne Verpackung oder normiertem Behälter), ist eine vollständige Automatisierung eventuell nicht zielführend.

Außerdem darf es in einem vollständig automatisierten Warenlager keine unvorhergesehenen Ereignisse geben, da es dort keine Menschen gibt, die solche Situationen unkompliziert lösen können. Bei der Konzeption eines Dark Warehouses müssen daher alle möglichen Ausnahmesituationen im Vorfeld ermittelt und automatisiert werden. Dies ist die größte Herausforderung bei der Planung, die besonderes Know-how verlangt und von Unternehmen häufig unterschätzt wird.

Noch in der Planungs- und Konzeptionsphase des Lagers ist daher ein ausgiebiges Testing aller Workflows und Abläufe (inklusive aller möglichen Ausnahmesituationen) in einer Simulationsumgebung notwendig. Diese muss ein vollständiges Abbild der zukünftigen Logistikhalle sein; der digitale Zwilling beinhaltet also auch die Hardware und verhält sich exakt so wie das später aufgebaute Dark Warehouse. Dies ermöglicht intensive Tests, auch wenn noch keine physischen Maschinen im Einsatz sind.

Steht das Dark Warehouse, müssen sich Unternehmen außerdem auf eine mehrmonatige Optimierungsphase einstellen. Dabei werden Abläufe erfasst, analysiert und kritisch betrachtet, um beispielsweise Bottlenecks zu ermitteln und die Steuerung bei verschiedener Auslastung des Lagers zu bewerten. Üblicherweise kommt es bei einer Lagerauslastung von 85 Prozent zu einem anderen „Verkehrsaufkommen“ der Transportmaschinen als bei 15 Prozent.

Welche Schritte führen zum Aufbau eines eigenen Dark Warehouse und wie kann ein digitaler Zwilling dabei helfen? Das erfahren Sie in unserem nächsten Artikel.

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