BI‑Reporting bringt vollständige Datenautomatisierung, sagt Radek Slanař von Futaba Czech

Petra Troblová Aimtec
21. 11. 2024 | 8 Minuten Lesen

Futaba Czech stellt Stahlkomponenten für PKWs her. Das Werk in Havlíčkův Brod wurde als bisher einziger Standort des japanischen Unternehmens Futaba in Kontinentaleuropa errichtet. Aus Sicht des Konzerns nimmt es auch deshalb eine besondere Stellung ein, weil es eine kontinuierliche Entwicklung im Betriebsmanagement anstrebt, das Logistik, Produktion und Instandhaltung überwacht. Um die festgelegten KPIs zu erreichen und korrekt sowie rechtzeitig gegenüber der Muttergesellschaft auszuweisen, ist das Werk kürzlich dazu übergegangen, die Indikatoren mittels BI zu berichten. Warum wurde diese Entscheidung getroffen, was bringt das neue Tool und was sind die weiteren Visionen? Darüber sprachen wir mit Radek Slanař, dem Werksleiter des tschechischen Unternehmens.

Können Sie das Unternehmen Futaba Czech und sein Produktionsprogramm etwas näher vorstellen?

Wir sind ein Maschinenbauunternehmen im Besitz der japanischen Futaba Industrial Co. Ltd. und haben uns auf Stahlerzeugnisse spezialisiert, die hauptsächlich für die Automobilindustrie bestimmt sind. Dazu gehören Karosserieteile, Auspuffanlagen, Armaturenbrettverstärkungen und Funktionsteile wie Fahrwerkskomponenten für Autoachsen. Unser größter Kunde ist Toyota Motor Manufacturing Czech Republic (TMMCZ), an den die Hälfte unserer Produktion geht. Weitere Abnehmer sind Toyota (TMMF) in Frankreich, Suzuki (MSC) in Ungarn und Toyota (TMMT) in der Türkei. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Umsatz von rund 360 Millionen Euro und beschäftigt 1 200 Mitarbeiter.

Welche Informationssysteme verwenden Sie, wie funktionieren sie und wie sind sie miteinander verbunden?

Wir steuern die Bereiche WMS und MES mit Aimtec DCIx und haben das japanische System Asprova APS für die Produktionsplanung. Zur Kommunikation mit Kunden und Lieferanten nutzen wir EDI, die Buchführung erfolgt mit dem ERP Helios. Anforderungen von Kunden kommen über EDI in Form von Tagesaufträgen – Forecasts. Die Daten verarbeiten wir in APS Asprova, wo Produktion und Einkauf geplant und Bestände auf Grundlage der Daten aufgefüllt werden. Die Produktion weisen wir im MES aus, das mit dem aktuellen Produktionsplan verknüpft ist. Bestellungen werden über EDI an die Lieferanten gesendet. Im WMS verwalten wir die Bestände, und die Daten werden über Zugänge und Abgänge in das Buchführungssystem Helios integriert. Wir verwenden die Reporting-Tools Ignition von Inductive Automation und neuerdings Power BI von Microsoft. Alle Systeme sind vollständig integriert, denn ohne EDI wüsste man nicht, was geplant werden soll. Ohne das WMS hat man keine Informationen darüber, wie viel Material benötigt wird, und ohne das MES weiß man nicht, was produziert wurde.

In Bezug auf Reporting und die Ausweitung auf BI, was war Ihre Motivation? Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?

Wir haben einfache SQL Server Reporting Services von Microsoft auf der Grundlage von Excel-Tabellen genutzt. Nach dem Export der Daten in Excel mussten sie aufwendig bearbeitet und sortiert werden. Das nahm angesichts der großen Datenmenge viel Zeit in Anspruch. Häufig kam vor, dass Daten eines bestimmten Tages erst drei Tage später an die Produktion gingen. Unsere Mitarbeiter wussten zwar, dass sie etwas produziert hatten, aber nicht, ob es in Ordnung ist und der Norm entspricht. Deshalb waren wir nicht in der Lage, die richtigen Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung zu ergreifen. Die Folgeaktivitäten waren ziemlich reaktiv. Es fehlte an Flexibilität und der Fähigkeit zur schnellen Verbesserung.

Heute geht das Reporting schnell. Die für die Erstellung von Berichten notwendige Zeit hat sich enorm verkürzt. Wir konnten Personal, das früher mit den Daten gearbeitet hat, einsparen. BI ermöglicht die vollständige Automatisierung der Verarbeitung von Daten, einschließlich ihrer Aktualisierung.

Radek Slanař, Betriebsleiter, Futaba Czech

Wie sieht die Arbeit mit Reporting heute bei Ihnen aus? Wurden die Ziele erreicht?

Heute geht das Reporting schnell. Die für die Erstellung von Berichten notwendige Zeit hat sich enorm verkürzt. Wir konnten Personal, das früher mit den Daten gearbeitet hat, einsparen. BI ermöglicht die vollständige Automatisierung der Verarbeitung von Daten, einschließlich ihrer Aktualisierung. Gleichzeitig hat sich der Nutzerkomfort deutlich verbessert. Man öffnet den Bericht, hat auf Anhieb aktuelle Daten und kann sich gleich auf die Analyse konzentrieren. Man untersucht, was geschehen ist. Eine Vorbereitung ist nicht erforderlich. BI kann Daten sofort aus dem Data Warehouse abrufen und prompt visualisieren.

Wir verfolgen eine Gesamtansicht des Unternehmens mit Detailaufschlüsselung für einzelne Vorgänge und Arbeitsplätze. Früher mussten Daten aus den Abteilungen aufwendig zusammengetragen und miteinander verknüpft werden. Mit BI ist das ganz einfach, und selbst die Mitarbeiter wissen, wo sie stehen. Die Berichte teilen wir in der Gruppe unter SharePoint. Wir können die Daten des gesamten Unternehmens einsehen, einzelne Abteilungen können sich miteinander vergleichen.

Power BI reporty, Futaba Czech
Power-BI-Bericht, Futaba Czech

Auch die Frist für das Reporting an die Muttergesellschaft wurde verkürzt. Früher mussten wir innerhalb von acht Tagen berichten, jetzt werden Berichte binnen vier Werktagen nach Monatsende bereitgestellt. Wir sind in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen. Außerdem können wir auf Grundlage zeitnaher Daten schneller Behebungsmaßnahmen einleiten. Wir müssen nicht mehr abwarten, wie der Monat ausgeht, sondern können Situationen bereits in seinem Verlauf angehen.

Hatten Sie von Anfang an eine klare Vorstellung davon, was erreicht werden soll?

Anfangs wussten wir nicht, wie sich die Daten in Power BI selbst verarbeiten lassen. Wir waren nicht geschult. Zwar haben wir uns Ziele gesetzt, bei Nutzung der Berichte kamen aber weitere Anforderungen hinzu, welche Daten abgebildet werden sollen oder nach welchen Kriterien wir filtern wollen – beispielsweise nach Produkten, Maschinengruppe oder Tag-/Nachtschicht. Daher beauftragten wir Aimtec mit der Ausarbeitung der kompletten Produktionsberichterstattung, was uns half, Klarheit über unsere Erwartungen zu erlangen.

Gab es bei der Einführung des neuen Tools negative Reaktionen der Mitarbeiter?

Anfangs herrschte unter den Mitarbeitern ein gewisses Misstrauen. Aber als wir anhand einiger Beispiele aufzeigten, wie das Reporting funktioniert und dass die Daten der Realität entsprechen, schöpften sie Vertrauen. Die Leute sind jetzt zufrieden, Einblick zu haben. Obwohl die Daten übersichtlich abgebildet sind, verwenden wir weiterhin Excel. Wir können das Ergebnis in BI sehen, wissen aber in neuen Situationen nicht genau, wie es zustande kam. Deshalb ist es mitunter gut, auch weiterhin Rohdaten aus dem Data Warehouse zu betrachten und tiefer zu graben, wenn Zweifel bestehen.

Planen Sie, das BI-Reporting auf andere Geschäftsbereiche auszuweiten?

Gern würden wir BI-Reporting auch in der Instandhaltung einsetzen. Aktuell arbeiten wir an einem Projekt zur Vernetzung von Produktionslinien. Wir möchten verschiedene Informationen von den Maschinen haben, zum Beispiel die Einstellungen der Pressen, ihre Vibrationen und Temperaturen. Auf Grundlage dieser Daten wollen wir eine präventive und prädiktive Instandhaltung durchführen, die Produktion planen und Produktionsdaten digitalisieren.

Wir ziehen Benachrichtigungen in Betracht. Der Prozess soll so einrichtet werden, dass bei Vorkommnissen sofort die Behebung erfolgt. Wir würden gerne Events zur Lösung auftretender Probleme bereithalten. Derzeit kann ich anhand der Daten erkennen, ob eine Linie produziert oder nicht. Aber bei Stillstand lässt sich nicht sagen, was wirklich vor sich geht, ob schon an der Fehlerbehebung gearbeitet wird oder noch nicht. Das Ziel besteht in einer effizienten Auslastung des Instandhaltungspersonals, damit es seine Arbeit im Blick behält und die vorgegebenen KPIs erfüllen kann.

Uns fehlen Informationen über das gesamte Personal, die wir gerne automatisch erfassen würden, damit wir den gleichen Überblick wie bei Maschinen haben. Vorerst ermitteln wir die nicht produktionsbezogene Arbeitszeit der Mitarbeiter manuell anhand der Aufzeichnungen aus dem Zutrittskontrollsystem. Deshalb wollen wir die Daten daraus in das MES integrieren, um die Gesamteffizienz der Produktion, einschließlich Produktions-, Nichtproduktions-, Support- und Steuerungsprozesse, zu erhalten. Dieses Ziel strebe ich an.

Könnte künstliche Intelligenz (KI) Ihrer Meinung nach in der Berichterstattung eingesetzt werden und wie?

Meine Vorstellung ist, KI im Reporting für Vorhersagen zu nutzen. Für uns als Produktionsunternehmen wäre es interessant zu sehen und vorherzusagen, wie sich die Produktivität einer Produktionslinie ausgehend von den verfügbaren Daten entwickeln wird. Ob sich beispielsweise die Effizienz am Monatsende noch verbessern lässt oder ob das Ergebnis, egal welche Maßnahme ergriffen wird, gleich oder nur unmerklich besser wäre.


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Radek Slanař

Radek Slanař ist Betriebsleiter bei Futaba Czech. Er ist seit der Gründung vor zwanzig Jahren für das Unternehmen tätig. Als Mitglied der Firmenleitung beaufsichtigt er das gesamte Betriebsmanagement, d. h. Logistik, Produktion und ihre Planung, Engineering, Instandhaltung und Qualität.  


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