Die interessantesten Aussagen auf der Konferenz Trends in Automotive Logistics (TAL 2025)

Tereza Čechová Aimtec
5. 6. 2025 | 6 Minuten Lesen

Wie setzen führende Logistikunternehmen KI ein und lohnt sich die Investition? Ist Standardisierung ein überholtes Konzept? Und wie wird sich die Rolle des Menschen in der Fabrik tatsächlich verändern? Auch diese Fragen wurden auf der Konferenz Trends in Automotive Logistics 2025 mit der Unterüberschrift Digital. Future-Proof? beantwortet. Experten aus Unternehmen wie der BMW Group, Bosch, Škoda Auto und Siemens teilten Erfahrungen und Visionen für die Zukunft der Branche. Wir haben die prägnantesten Aussagen von der diesjährigen Veranstaltung für Sie ausgewählt. Zudem durften wir erfahren, wer den besten Kartoffelsalat der Welt hat.

Künstliche Intelligenz verändert die Produktion

KI hat sich von unterhaltsamen Chatbots zu einem Helfer für reale Produktions- und Logistikprozesse entwickelt. Ihr richtiger Einsatz kann die Effizienz und Vorhersagbarkeit der gesamten Lieferkette erheblich beeinflussen.

„In der prädiktiven Wartung wird KI bereits intensiv genutzt. Wir messen die Temperatur, Vibrationen und Lärm. Das Modell vermag selbst Anomalien zu erkennen. Aus Erfahrung wissen wir, dass derartige Probleme die Produktion binnen zwei Tagen zum Stillstand bringen können“, so Tobias Mayr, General Manager IT Inbound Logistics bei der BMW Group

„Jede neue Technologie ist für uns ein Proof of Concept. Wir bringen sie schrittweise näher ans Geschäft heran – zum Beispiel durch Pilotprojekte bis in unser Digital Delivery Center. Wir gewinnen das Vertrauen der Menschen dahingehend, dass KI ihnen tatsächlich hilft. Heute weiß selbst ein Lagerarbeiter, dass er sich auf das pünktliche Eintreffen des Materials verlassen kann“, beschreibt Mojmír Barák, Logistics Systems Coordinator bei Škoda Auto, den vorsichtigen Ansatz. Vorsicht sei durchaus angebracht, denn in den letzten fünf Jahren ist das Datenvolumen beim größten tschechischen Automobilhersteller um mehr als 600 % angewachsen. 

„Investieren Sie in KI nicht allein. Nutzen Sie das Potenzial von Open-Source-Projekten, wobei sich Unternehmen zusammentun und dadurch die Effizienz ihres Einsatzes erhöhen. Das ist die Basis der Silicon Economy“, empfahl Thilo Jörgl, Managing Partner von TEST CAMP INTRALOGISTICS & impact media projects, die Kostenteilung in der Logistik.


Von Standards zu einer sicheren Logistik der Zukunft

Standardisierung ist ein notwendiger Schritt hin zu mehr Effizienz, geht aber auch mit Herausforderungen in Bezug auf Kosten und Flexibilität einher. 

„ Standard ist teuer. Man braucht ein großes Team, das ihn entwickelt, sich um ihn kümmert und ihn aufrechterhält. Wenn man es mit der Standardisierung übertreibt, steigen die Kosten wieder, denn die Pflege eines Standards ist extrem zeitaufwendig und kostspielig“, erklärt Tomas Brotz, Automation Engineer für Automotive Standards von der Firma Siemens, die ein einzigartiges Standardisierungs-Framework für Unternehmen jeder Größe entwickelt hat. 

Hand in Hand mit der Standardisierung geht die Frage der Datensicherheit. Die Antwort könnte in Technologien liegen, die zwar noch nicht auf dem Markt sind, aber umso größere Möglichkeiten bieten. Wie beispielsweise das private 6G-Netz, über dessen Entwicklung Zdeněk Bečvář, Head of 6G Mobile Research Lab, ČVUT und Jiří Maršík, Group Leader, Bosch sprachen.

„In der Fertigung ist es wichtig, Daten zu schützen und die Netzsicherheit zu gewährleisten. 5G als öffentliches Netz lässt das nicht zu. Ein privates und sicheres 6G-Netz nur für Ihr Unternehmen sollte die Lösung sein. Entwicklung und Standardisierung sind im Gange, und wir gehen davon aus, dass es in ca. fünf Jahren einsatzbereit ist“, fügte Bečvář über das einzigartige Projekt hinzu, bei dem der akademische Bereich und ein innovatives Technologieunternehmen kooperieren. 


Der Mensch auf dem Abstellgleis? Keineswegs

Erfolgreiche digitale Projekte entstehen nicht im Alleingang. „Nur im vergangenen Jahr sind wir als Manager so viel geflogen, als hätten wir 18 Mal den Globus umkreist. Soll wirklich innoviert und auf hohem Niveau digitalisiert werden, reicht es nicht aus, bloß am Schreibtisch zu sitzen. Man muss mit Menschen auf allen Ebenen des Unternehmens und an allen Standorten sprechen“, gab Selim Caluwaerts, Chief Data Officer & DigiMaps Program Director bei Safran Cabin, Tipps ausgehend von einem aktuellen Digitalisierungsprojekt.

In Logistikkreisen kursiert immer noch die Annahme, dass Digitalisierung den Menschen ersetzt. Dabei ist aber entscheidend, aus welcher Perspektive man die mit der Automatisierung einhergehenden personellen Änderungen betrachtet. „Der erste Schritt zur Automatisierung ist das Eingeständnis, dass man ein Problem hat. Wir haben mit den einfachsten Aufgaben begonnen. Durch die Automatisierung der Logistik konnten wir dreißig Stellen einsparen und eine Amortisation von 4,5 Jahren erzielen. Der größte Nutzen bestand letztendlich in einem Team, das sich für die Sache begeisterte. Jetzt kommen die Kollegen von selbst mit Ideen, wie sich Dinge verbessern lassen“, sagte Michal Štěrba, Chief Executive Officer von GZ Media.

Große Veränderungen in der Arbeitsorganisation bringt nicht nur die Automatisierung, sondern auch eine neue Generation auf dem Arbeitsmarkt. Was hat sich verändert und was könnte künftig noch auf uns zukommen?

Die junge Generation ist bereits an ständige Veränderungen, Messungen und die Arbeit mit Technologien in ihrem persönlichen Leben gewöhnt. Es gibt großartige Entwickler, die neunzehn Jahre alt und in der Lage sind, Dinge in Minutenschnelle umzugestalten und zu entwickeln, aber es ist wichtig, ihnen erfahrene Leute mit Branchenkenntnissen zur Seite zu stellen. Und wohin kann die Reise noch gehen? Es klingt vielleicht wie Science-Fiction, aber ich glaube, dass es in Zukunft Arbeitsverträge mit Chatbots geben wird.

Pavel Boháč, Aimtec CEO

Für Digitalisierung, Automatisierung oder Standardisierung gibt es keine Universalanleitung. Die TAL 2025 hat gezeigt, dass Unternehmen zwar vor ähnlichen Herausforderungen stehen, der Weg zu einer resilienten Logistik aber für jedes ein anderer ist. Technologien sind bloße Werkzeuge – entscheidend ist, wie Unternehmen damit arbeiten und sie mit ihrer eigenen Kultur und ihren Bedürfnissen verbinden.

„Wichtig ist, sein Unternehmen zu betrachten und eine eigene Lösung, eine eigene Kombination zu finden. Bekanntlich ist der beste Kartoffelsalat immer der, den man zu Hause hat“, fasste Mojmír Barák, Logistics Systems Coordinator von Škoda Auto alle Tipps treffend zusammen. 

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